Künstlerinnen und Künstler
Ulf Aminde Geboren 1969 in Stuttgart | Lebt und arbeitet in Berlin
Die Begegnung ist für Ulf Aminde eine Vorbedingung für den künstlerischen Arbeitsprozess, eine zweite ist deren Reflexion im Sinne des epischen Theaters von Bertolt Brecht. Als Regisseur von Theater- und Performanceprojekten und Filmen arbeitet er zwar unumgänglich mit anderen Menschen, aber für ihn wird das Aufeinandertreffen seiner Interessen, Erwartungen und Wünsche mit jenen der anderen in besonderer Weise zum Thema und Kern seiner Produktionen
Wahlweise als Komplize, Gegner und/oder Begleiter von „Menschen an der Grenze zur Krise“ wie solchen, die Interesse an dem Verhältnis des Einzelnen zur Gemeinschaft haben, entwickelt er gemeinsam mit ihnen Bilder, die Fragen nach Identität, gesellschaftlicher Rolle und damit auch die eigene Position als Künstler verhandeln.
Für sie und mit ihnen entwirft er Settings, die als gemeinsame Versuchsanordnungen fungieren und Impulsgeber/Auslöser für das weitere Geschehen sind. Was genau passieren wird, ist nicht vollständig kontrollierbar, und die Vereinbarung lautet, dass sich alle gleichermaßen dem Unvorhersehbaren öffnen müssen.
Die Struktur seiner Arbeiten entspricht einer Pendelbewegung, in der er radikal selbst ins Zentrum des Werks rückt und sich zugleich der Unvorhersehbarkeit seiner Verwirklichung ausliefert. Er beharrt darauf, dass das Gegenüber sich seinem Begehren aussetzt, genauso wie er sich mit dem Begehren seiner „Schauspieler“ konfrontiert. Aminde erschafft Inszenierungen, welche die Geschichte dieses Verhältnisses auf unterschiedliche Weise erzählen und in denen immer zugleich sichtbar wird, dass jeder von uns Aufmerksamkeit braucht, geliebt werden will für das, was er tut, für das, was er ist.
Seine Arbeit Frontalunterricht (2009) entstand im Rahmen der Schillertage in Mannheim, für die der Künstler mit verschiedenen Gruppen, darunter auch eine von rund 20 Jugendlichen, eine Aufführung für das dortige Staatstheater erarbeiten sollte. Während die Zusammenarbeit mit den anderen Gruppen produktiv verlief, gestaltete sich die vierwöchige Probenzeit mit den Jugendlichen, die aus ihren eigenen Interessen heraus ein Stück entwickeln sollten, als äußerst problematisch. Es gelang Aminde nicht, für die Teenager zu einer Übertragungsfigur zu werden, sprich, sie dazu zu bringen, selbst etwas von der gegebenen Situation zu wollen; sie verweigerten sich seinen Wünschen mit der Konsequenz, dass rein gar nichts entstand. Erst, als er die Gruppe auf die Probebühne des Theaters holt und ihr die Aufgabe stellt, vor laufender Kamera Ulf Aminde zu spielen, das heißt, das Verhältnis zu ihrem Regisseur direkt zu thematisieren, geben die Jugendlichen ihre Verweigerung sukzessive auf. Der Film, der daraus entsteht, ist nicht nur ein Porträt des schwierigen Verhältnisses zwischen Regisseur und Gruppe, sondern er verdeutlicht darüber hinaus ein strukturelles Moment in Amindes Arbeit: In verschiedenen Konstellationen gehen seine Protagonisten Beziehungen zu ihm ein, indem sie das Bedürfnis, gesehen und anerkannt zu werden, sichtbar werden lassen und ihm spiegeln. Einer gibt und ein anderer nimmt, einer hat und der andere braucht. Derjenige, der etwas geben möchte, braucht den, der etwas haben will, und umgekehrt. In dieser Verstrickung sind beide aufeinander angewiesen
Einzelausstellungen (Auswahl)
2012 | Heidelberger Kunstverein, Heidelberg |
2011 | Galerie Tanja Wagner, Berlin |
2010 | Kunstverein Arnsberg |
2009 | Volksbühne Berlin (theatre production) |
2008 | Jet, Berlin |
2007 | GAK Bremen |
2005 | Kunstverein Wolfsburg |
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2011 |
Macht Geschichte! X Wohnungen, 16. Internationale Schillertage, Nationaltheater Mannheim Plateaux Festival 2011, Frankfurt Selected Artists, NGBK Berlin |
2010 | Urbi et Orbi, Museum Paço des Artes, São Paolo |
2009 |
Un/Mögliche Gemeinschaft, Shedhalle, Zurich Playing the City, Schirn Kunsthalle, Frankfurt 89/09, Berlinische Galerie, Berlin Berlin, eine Stadt im Wandel, Instituto Cultural Itaú, Vitória Belo Horizonte, Brasil |
2007 |
zwischen zwei Toden, ZKM Karlsruhe Wege aus der Kunst, Lothringer13, Munich Rock'n Video, MAC/VAL - Musée d´Art Contemporain du Val de Marne, Vitry-sur-Seine |
2006 | Von Mäusen und Menschen, 4th Berlin Biennale, Berlin |